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Aktuelles (Seite 23)

 

08.03.2013

AGVDE klagt gegen das Land NRW wegen des schweren Eingriffs in die Tarifautonomie durch das Tariftreue- und Vergabegesetz vom 10.01.2012

Entsprechend der bereits seit längerem bestehenden Beschlusslage seiner Großen Tarifkommission hat der AGVDE Klage vor dem hierfür zuständigen Verwaltungsgericht Düsseldorf gegen das Land NRW eingereicht (siehe Anlage). Mit der Klage beantragt der AGVDE die gerichtliche Feststellung, dass die Verordnung zur Feststellung der Repräsentativität von Tarifverträgen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs vom 31.10.2012, die aufgrund des Tariftreue- und Vergabegesetzes NRW erlassen wurde, mit Artikel 9 Abs. 3 (Koalitionsfreiheit) des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland unvereinbar (und daher nichtig) ist.

Inhaltlich richtet sich die Klage nicht generell gegen alle Bestimmungen des Tariftreuegesetzes und der dazu erlassenen Verordnung, sondern speziell gegen das Erfordernis der sog. Repräsentativität von Tarifverträgen, das die seit Jahrzehnten bestehenden Tarifverträge des AGVDE (und zwar sowohl den Flächentarifvertrag ETV als auch die sehr zahlreichen firmenbezogenen Verbandstarifverträge) in krasser Weise diskriminiert, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund erkennbar wäre. Diese und andere Tarifverträge, die jeweils nur einen relativ kleinen Arbeitnehmerkreis erfassen, um den regionalen und unternehmensspezifischen Besonderheiten in vernünftiger Weise Rechnung zu tragen, müssen sich in keiner Weise den Vorwurf des tariflichen oder gar untertariflichen „Lohndumpings“ gefallen lassen .

In Wahrheit wird mit dem Tariftreuegesetz NRW, entgegen den politischen Behauptungen, nicht tarifliches oder untertarifliches „Lohndumping“ im Bereich des ÖPNV/SPNV bekämpft. Vielmehr soll auf Wunsch der Gewerkschaften das höchste Tarifniveau der Branche zum neuen Mindestniveau gemacht werden (im Busbereich heißt das z.B.: TV-N-Niveau für alle Busfahrer).

Dabei gehen nach dem Willen der rot-grünen Landesregierung NRW u.a. alle sinnvollen und mit den beteiligten Gewerkschaften im Laufe der letzten 20 Jahre mühsam ausgehandelten regionalen Vergütungsdifferenzierungen, die es selbstverständlich auch in vielen anderen Branchen gibt, vollständig verloren. Die dadurch für die Aufgabenträger/öffentlichen Hände ohne Notwendigkeit entstehenden erheblichen Mehrkosten, die vermutlich über kurz oder lang zu deutlichen Reduzierungen der ÖPNV-Leistungen in den ländlichen Bereichen führen werden, haben die Landesregierung leider nicht von ihrem völlig missratenen Vorhaben abbringen können.

Die Klage des AGVDE richtet sich nicht gegen den NRW-Mindestlohn im Vergabegesetz von 8,62 €/Std.; denn alle zwischen AGVDE und den Gewerkschaften vereinbarten tariflichen Vergütungen übersteigen dieses Niveau deutlich. Ebenso wenig würde sich der AGVDE gegen eine gesetzliche Verpflichtung wenden, irgendeinen der einschlägigen ÖPNV/SPNV-Tarifverträge im Vergabewettbewerb anzuwenden; allerdings müssten dafür auch gekündigte („nachwirkende“) Tarifverträge ausreichen, weil es andernfalls allein in der Hand der Gewerkschaften läge, alle ihnen nicht genehmen Tarifverträge durch Kündigung „aus dem Rennen zu werfen“, sodass am Ende wiederum alle den teuersten Tarifvertrag anwenden müssten.