AGVDE Aktuell (Seite 1)
28.01.2008
AGVDE signalisiert keine Unterstützung für Eisenbahn-Mindestlohn via Entsendegesetz
Entgegen anderslautenden Behauptungen der Gewerkschaft TRANSNET vom 25. Januar 2008 hat der AGVDE bislang keinerlei Zustimmung für einen Eisenbahn-Mindestlohn über den Weg des Entsendegesetzes signalisiert.
Die Thematik soll erstmals am 31. Januar 2008 AGVDE-intern und anschließend mit den Gewerkschaften diskutiert werden.
Selbstverständlich lehnt der AGVDE jeden Versuch strikt ab, die seit Jahrzehnten gut funktionierende Tarifautonomie in der Eisenbahnbranche mit ihrem vergleichsweise hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad anzutasten. Für eine Einmischung des Gesetzgebers besteht derzeit keinerlei Anlass, zumal alle Eisenbahnervergütungen schon heute sehr weit oberhalb des politisch diskutierten Mindestlohnniveaus von 7,50 € pro Stunde liegen.
Soweit es der DB AG und den Gewerkschaften - wie in der Presse zu lesen ist - darum gehen sollte, in Nachahmung der jüngsten Vorgänge bei der Post AG, als lästig empfundene Konkurrenz zur Zahlung höherer Vergütungen, etwa gar auf dem neuen Niveau der DB AG, zu zwingen, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu beeinträchtigen, handelt es sich um ein beschämendes Manöver von marktbeherrschenden Unternehmen, für das die Politik (insbesondere die CDU/CSU), die den Wettbewerb auf der Schiene ja bewusst herbeigeführt hat, sich nicht erneut hergeben sollte.
Aus AGVDE-Sicht dürfte ein eventueller Eisenbahn-Mindestlohn für die besonders wettbewerbsrelevanten Berufe „Lokomotivführer“ und „Zugbegleiter/Zugservice“ jedenfalls unter keinen Umständen oberhalb des Niveaus liegen, den der niedrigste heute gültige Tarifvertrag in der Eisenbahn-Branche hat.
Ein (durch den aktuellen Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministers Scholz in die Diskussion gekommenes) Verdrängen gültiger Eisenbahn-Tarifverträge durch einen im Niveau höheren Mindestlohn-Tarif ist politisch und rechtlich für den AGVDE indiskutabel und würde notfalls auf dem Rechtsweg mit allen Mitteln bekämpft. Die Gewerkschaften würden mit einem solchen Vorgehen (Aushebeln ihrer eigenen niedrigeren Tarifverträge) sogar einen eklatanten Bruch ihrer eigenen Tarifverträge begehen, der weitreichende Schadensersatzpflichten nach sich ziehen könnte.
Eisenbahn-Unternehmen, die im Vertrauen auf die Maßgeblichkeit ihrer Tarifverträge Angebote kalkuliert und langfristige Verkehrsdurchführungsverträge abgeschlossen haben, hätten im Falle der Auferlegung eines höheren Mindestlohns mit schwerwiegenden Folgen bis hin zur Insolvenz zu rechnen, so dass sich die Frage eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage mit entsprechender Vergütungsanpassungspflicht des öffentlichen Bestellers bzw. eines Sonderkündigungsrechts aufdrängen würde.
Ob ein Eisenbahn-Mindestlohn über das Entsendegesetz für Lokomotivführer und Zugbegleiter/Servicekräfte, der im Niveau leicht unterhalb des heute niedrigsten Tarifs in der Eisenbahn-Branche liegt, zur Bekämpfung denkbarer (aber heute nicht nennenswert existenter) Billig-Anbieter aus dem In- oder Ausland vom AGVDE mitgetragen werden könnte, bedarf noch intensiver interner Diskussion. Wesentlich wird dabei neben grundsätzlichen ordnungspolitischen Erwägungen die Höhe dieses Mindestlohns sein sowie die rechtliche Gewähr dafür, dass ein solcher einmal eingeführter Eisenbahn-Mindestlohn später nicht ohne Zustimmung des AGVDE mehr oder weniger beliebig erhöht werden könnte.Dr. Ackmann
28. Januar 2008